Mit Urteil vom 27.10.2015 legte der BGH fest, dass ein großes Ausmaß bei jeder Steuerhinterziehung über 50.000 Euro vorliegt. Dieser Verstoß kann mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden.

Die Steuerhinterziehung ist in Deutschland eine Straftat, die in der Regel mit einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit einer Geldstrafe geahndet wird. Die Höhe der Strafe ist im Wesentlichen vom Ausmaß der Steuerhinterziehung abhängig. Bei besonders schweren Fällen von Steuerhinterziehung sieht das Gesetz sogar eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor, eine Geldstrafe kann bei solchen Fällen nicht mehr verhängt werden. Nach der Abgabenordnung (AO) liegt ein besonders schwerer Fall vor, wenn der Täter in großem Ausmaß Steuern hinterzogen hat. Bisher lag die Wertgrenze für Steuerhinterziehung in großem Ausmaß nur bei echten Steuerschäden bei 50.000 Euro, während bei einer bloßen Gefährdung des Steueranspruchs die Wertgrenze für das große Ausmaß 100.000 Euro betrug. Zu der Frage, ab wann Steuern „in großem Ausmaß“ hinterzogen werden, gibt es nun eine neue Rechtsprechung. Mit Urteil vom 27.10.2015 legte der BGH fest, dass ein großes Ausmaß bei jeder Steuerhinterziehung über 50.000 Euro vorliegt. Am 05.02.16 wurde das Urteil veröffentlicht.

Die bisherige Rechtsprechung

In einer Grundsatzentscheidung im Jahr 2008 legte der BGH fest, dass ebenso wie beim Betrug zwischen einem eingetretenen Vermögensschaden und einem Gefährdungsschaden zu differenzieren sei. Mit Beschluss vom 15. Dezember 2011 konkretisierte der Bundesgerichtshof den Begriff des „großen Ausmaßes” noch weiter. Bei der Entscheidung, ob eine Steuerhinterziehung von großem Ausmaß vorliegt, wurde vor allem zwischen aktivem Handeln oder pflichtwidrigem Unterlassen unterschieden. Laut der bisher geltenden Rechtsprechung lag die Wertgrenze zum großen Ausmaß bei 100.000 Euro, wenn der Steuerpflichtige eine unvollständige Steuererklärung bei Finanzbehörden abgibt, in der er steuerlich erhebliche Tatsachen wie steuerpflichtige Einkünfte oder Umsätze verschweigt, und dies lediglich zu einer Gefährdung des Steueranspruchs führt. Hingegen galt bei echten Steuerschäden die Beitragsgrenze von 50.000 Euro. Ein echter Steuerschaden lag vor, wenn die Hinterziehung zu einer Erstattung oder Verrechnung mit anderen Steuerverbindlichkeiten geführt hat. Eine Steuerhinterziehung von großem Ausmaß wird auch dann angenommen, wenn der Täter in einer Steuererklärung nicht nur wichtige Angaben verschweigt, sondern steuermindernde Umstände vortäuscht, zum Beispiel indem er nicht vorhandene Betriebsausgaben oder unberechtigte Vorsteuerbeträge geltend macht, und es dadurch zu einer Steuerverkürzung von mindestens 50.000 Euro kommt.

Neue Rechtsprechung setzt einheitliche Wertgrenze für großes Ausmaß bei 50.000 Euro

Durch die Festlegung von zwei Wertgrenzen wurde das Verschweigen von Einkünften privilegiert, da bei diesen Fällen für das große Ausmaß eine Wertgrenze von 100.000 € zugrunde gelegt wurde. Jetzt hat der BGH seine bisherige Rechtsprechung verschärft. Mit dem BGH Urteil vom 27.10.2015 gibt es zukünftig keine Differenzierung mehr zwischen Gefährdungsschaden und eingetretenem Schaden. Stattdessen liegt ein großes Ausmaß bei jeder Steuerhinterziehung über 50.000 Euro vor. Das heißt, zukünftig reicht es für einen besonders schweren Fall aus, wenn der Steuerpflichtige dem Finanzamt steuerlich erhebliche Tatsachen verschweigt und dadurch mehr als 50.000 Euro Steuern hinterzogen werden. Diese Entscheidung wirkt sich natürlich auf das Strafmaß aus und wird zu einer erheblichen Verschärfung in der Rechtspraxis führen. Gerichte werden öfter als bisher die Freiheitsstrafe statt Geldstrafe verhängen. Zudem gilt bei einer Steuerhinterziehung in großem Ausmaß eine verlängerte strafrechtliche Verjährungsfrist. Anders als eine einfache Steuerhinterziehung verjährt sie nicht bereits in fünf Jahren, sondern erst nach 10 Jahren.