Schweizer Bundesrat setzt Standards zum Austausch von Finanzdaten zu Steuerzwecken um
Im Dezember 2015 hat die Schweiz relevante Gesetze für den automatischen und spontanen Informationsaustausch verabschiedet und damit eine neue Ära der Steuertransparenz in der Schweiz eingeläutet.
Bereits im März 2009 erkannte der Schweizer Bundesrat die von der OECD entwickelten Globalstandards zur Steuertransparenz an. Nun hat der Bundesrat die Umsetzung der globalen OECD-Standards in Angriff genommen. Bisher erfolgte der Informationsaustausch nur auf Ersuchen eines anderen Staates. Zunächst war dieser sogar nur auf Informationen zur Durchführung der DBA beschränkt. Erst nachdem die Schweiz ihre Abkommenspolitik im Jahr 2009 an das Musterabkommen der OECD anpasste, wurde ein Ersuchen aller Informationen möglich, die für die Besteuerung in Vertragsstaaten von Bedeutung sind. In der Zukunft wird es allerdings zwei weitere Formen des Datenaustauschs geben: den automatischen Informationsaustausch (AIA) und den spontanen Informationsaustausch (SIA).
Rechtsgrundlagen für die Umsetzung der globalen Standards
Ziel des automatischen Informationsaustauschs nach OECD-Standards ist die Bekämpfung von grenzüberschreitendem Steuerbetrug und Steuerhinterziehung durch eine internationale Steuertransparenz. Eine wichtige gesetzliche Grundlage für die Umsetzung eines umfassenden Informationsaustausch ist das Bundesgesetz über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIA- Gesetz), das die Umsetzung der AIA-Standards in der Schweiz regelt, sowie eine Revision des Steueramtshilfegesetzes, welches um den spontanen Informationsaustausch erweitert wurde. Die Gesetze wurden im Dezember 2015 vom Schweizer Parlament verabschiedet und sollen ab 1. Januar 2017 in Kraft treten. Die Neuerungen beziehen sich lediglich auf den Austausch von Finanzdaten im internationalen Verhältnis, das Bankgeheimnis innerhalb der Schweiz bleibt davon unberührt. Geplant ist, dass ab 2017 Bankdaten gesammelt werden und der grenzüberschreitende Informationsaustausch dann ab 2018 vollzogen wird.
Die Umsetzung des globalen OECD-Standards erfordert neben den durchgeführten Gesetzesrevisionen in der Schweiz auch konkrete Abkommen mit anderen Ländern. Die Einführung des AIA in der Schweiz kann dabei über zwei verschiedene Modelle erfolgen. Sie ist sowohl über einen Staatsvertrag mit einem Land oder einem Staaten(ver)bund (bilaterales Abkommen) als auch über eine multilaterale Vereinbarung wie dem Amtshilfeübereinkommen möglich. Bereits im Mai 2015 unterzeichnete die Schweiz mit der EU ein bilaterales Abkommen für den automatischen Informationsaustausch nach den OECD-Standards.
Der automatische Informationsaustausch (AIA)
Der automatische Austausch von Bankkundeninformationen (AIA) ist ein internationaler Standard, den fast 100 Länder bereits akzeptiert haben und der die internationale steuerrechtliche Transparenz fördern soll. Er setzt sich aus den vier Elementen Musterabkommen, gemeinsamer Meldestandard, Auslegungskommentar und den technischen Richtlinien zusammen und legt fest, wie Steuerbehörden der beteiligten Länder steuerrelevante Informationen untereinander austauschen. Gemäß dem AIA-Standard müssen Schweizer Finanzinstitute einmal jährlich automatisch Meldung über Daten von natürlichen und juristischen Personen, die in einem anderen Staat steuerpflichtig sind, an die Schweizer Steuerbehörden erstatten. Unter anderem sind sie verpflichtet, auf elektronischem Wege Informationen über Kontonummern, Vermögenswerte, Zinsen, Dividenden, Einnahmen aus bestimmten Versicherungsverträgen sowie Namen, Geburtsdaten und Adressen der Kontoinhaber bzw. wirtschaftlich Berechtigten zu liefern. Die Finanzdaten der ausländischen Kunden werden dann von den Schweizer Behörden an die jeweiligen Steuerbehörden der Wohnsitzländer weitergeleitet, sofern diese am AIA mit der Schweiz beteiligt sind. Es wird damit gerechnet, dass jährlich über 100.000 Meldungen ins Ausland gemacht werden.
Der spontane Informationsaustausch (SIA)
Eine weitere Neuerung ist die Regelung über den spontanen Informationsaustausch, der die Behörden zu Spontanmeldungen verpflichtet, wenn sie auf Informationen stoßen, die für ausländische Steuerbehörden von Bedeutung sein könnten. Dazu gehören unter anderem Daten, die auf Steuerdelikte ausländischer Pflichtiger hinweisen, Verrechnungspreisregelungen, internationale Ausschreibungen bei Betriebsstätten und Immobilien, im Ausland empfangene Schenkungen, Erbschaften und ausländisches Nicht-Banken-Vermögen. Insgesamt werden im Amtshilfeübereinkommen (MAC) fünf konkrete Fälle genannt, in denen spontane Meldungen zwischen den Mitgliedstaaten innerhalb bestimmter Fristen übermittelt werden müssen.
Von besonderer Bedeutung für Unternehmen ist dabei der spontane Austausch von Informationen über steuerliche Vorbescheide (Rulings). Dabei werden Firmenangaben, Datum, Anwendungszeitraum des Rulings und eine kurze Zusammenfassung des Inhalts übermittelt. Bei Bedarf kann der informierte Vertragsstaat aber auch die kompletten Rulingunterlagen anfordern. Die betroffenen Unternehmen müssen demnach damit rechnen, dass alle in den Ruling enthaltenen Informationen auch an ausländische Steuerbehörden gelangen können. Deswegen ist es sinnvoll, die aktuelle Rulingsituation zu überprüfen und die Folgen eines Austauschs zu hinterfragen. Zum Beispiel könnten die Rulings Geschäftsgeheimnisse enthalten, die dem anderen Staat nicht offengelegt werden sollten. Sollte dies der Fall sein, ist jetzt noch Zeit zu reagieren und die Rulings anzupassen, denn grundsätzlich sollen nur Rulings ausgetauscht werden, die ab dem 1. Januar 2010 abgeschlossen worden sind und am 1. Januar 2017 noch in Kraft sind.