INTERNATIONALE FORDERUNGSBEITREIBUNG

Vom europäischen Mahnverfahren bis zur Zwangsvollstreckung im Ausland

1. Internationale Forderungsbeitreibung bzw. Zwangsvollstreckung ins europäische Ausland

Das Wort „international“ hat für VIEHBACHER RECHTSANWÄLTE STEUERBERATER große Bedeutung, auch was die Forderungsbeitreibung angeht. Europäische Ländergrenzen sind für uns kein Hindernis. Wir treiben Forderungen unserer Mandanten bei, mit Schwerpunkt auf den deutschsprachigen Ländern, in denen wir mit unseren Kanzleien vertreten sind, d.h. in Liechtenstein, Deutschland, Österreich, Italien und der Schweiz. Sollten Sie also Schwierigkeiten haben, europäische Geschäftspartner zur pünktlichen Zahlung zu bewegen, können Sie sich gerne an uns wenden. Wir sind mit den Hürden und Herausforderungen einer Zwangsvollstreckung im Ausland vertraut und kümmern uns professionell um die grenzüberschreitende Geltendmachung Ihrer Forderungen.

2. Was versteht man grundsätzlich unter dem Begriff Zwangsvollstreckung und wie funktioniert sie?

Es handelt sich dabei um ein staatliches Verfahren zur zwangsweisen Durchsetzung und/oder Sicherung von zivilrechtlichen Ansprüchen eines Gläubigers gegenüber einem oder mehreren Schuldner/n aufgrund eines vollstreckbaren Titels (meist ein Urteil).

Europäisches Mahnverfahren für eine rasche und kostengünstige Beitreibung grenzüberschreitender Forderungen

Um die Kosten für unsere Mandanten möglichst gering zu halten, wählen wir bei geringfügigen Streitwerten statt dem Klageverfahren zunächst die Betreibung der Forderung im Wege des Europäischen Mahnverfahrens, um einen vollstreckbaren Titel zu erwirken. In der Regel läuft ein Europäisches Mahnverfahren schneller ab als ein herkömmliches grenzüberschreitendes Verfahren. Im Gegensatz zum herkömmlichen Verfahrensablauf, welcher aus zwei Schritten besteht (Erlass eines Mahnbescheids und Erlass eines Vollstreckungsbescheids), ist ein Europäisches Mahnverfahren einstufig aufgebaut. Das bedeutet für Sie, dass wir durch ein Europäisches Mahnverfahren Ihre Forderungen mit grenzüberschreitendem Bezug nicht nur günstiger, sondern auch schneller durchsetzen können. Wenn der Antrag ordnungsgemäß gestellt wurde, erklärt das Gericht den Zahlungsbefehl nach Ablauf der Einspruchsfrist für vollstreckbar. Der durch das Europäische Mahnverfahren erlangte Titel wird in der Europäischen Union anerkannt. Mit Hilfe eines vollstreckbaren Titels ist es anschließend möglich, Ansprüche in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Gerichtsvollziehern und dem zuständigen Gericht gegenüber dem Schuldner durchzusetzen und in das bewegliche sowie das unbewegliche Vermögen des Schuldners zu vollstrecken.

Eine Hürde beim Europäischen Mahnverfahren sind die hohen formalen Anforderungen. Das Europäische Mahnverfahren wird mit einem formalisierten Antrag auf Erlass eines „Europäischen Zahlungsbefehls“ in Gang gesetzt. Doch ohne rechtskundige Hilfe werden ein Großteil der Anträge nicht ordnungsgemäß ausgefüllt und müssen innerhalb einer gewissen Frist erneut bearbeitet und dem Gericht wieder vorgelegt werden. Damit das Gericht bei Ihnen keine falschen oder unvollständigen Angaben beanstanden muss, unterstützen wir Sie bei der korrekten Ausfüllung der Anträge.

3. Vollstreckung im Ausland

Sobald Gläubiger und Schuldner ihren Sitz in unterschiedlichen Ländern haben, werden wir auch grenzüberschreitend tätig.

Mit dem Inkrafttreten relativ neuer Verordnungen und Gesetze, wie dem AVAG (Anerkennungs- und Vollstreckungsführungsgesetz, welches mit Gesetz vom 19.02.2001 neu gefasst wurde) sowie mit der am 30.12.2006 verkündeten Verordnung zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (EuMVVO), bei welchem Gläubiger seit dem 12.12.2008 die Möglichkeit haben, ihre Ansprüche im Rahmen eines einheitlichen Europäischen Mahnverfahrens gerichtlich durchzusetzen, ist die Verfolgung von Schuldnern in der EU auch über Landesgrenzen hinweg vereinfacht worden.

Das Europäische Mahnverfahren stellt eine Alternative dar, da die Anstrengung eines Auslandsmahnverfahrens gem. § 688 III ZPO i.V.m. § 32 1 AVAG jederzeit besteht. Natürlich gibt es für die Vollstreckung im Ausland auch die Möglichkeit der Durchführung eines reinen nationalen Gerichtsverfahrens mit anschließender Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel.

Ebenso ist es mit Einführung der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 wesentlich vereinfacht worden, ins Ausland zu vollstrecken. Die Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (EuVTVO) zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen trat bereits am 21. Oktober 2005 in Kraft. Ziel dieses Verfahrens ist es, den Zugang zur Zwangsvollstreckung einer Entscheidung in einem anderen EU-Mitgliedstaat als dem, in dem die Entscheidung ergangen ist, zu vereinfachen und zu beschleunigen. Keine Anwendung findet die Verordnung in Dänemark.

4. Die Exekution in Österreich

Die Zwangsvollstreckung im Ausland ist ein komplexes Thema. Damit Ihre geltend gemachten Ansprüche zufriedenstellend erfüllt werden, unterstützen wir Sie hierbei umfassend. Zu unseren Schwerpunkten gehört bei der Europäischen Zwangsvollstreckung unter anderem die Forderungsbeitreibung in Österreich, sowohl aus österreichischen Titeln, als auch für vollstreckbar anerkannte Titel aus den Mitgliedstaaten.
Die Zwangsvollstreckung in Österreich (dort „Exekution“ genannt) richtet sich nach der EO (Exekutionsordnung). Gemäß der Grundsätze der Vollstreckbarerklärung – EuGVVO I – setzt die Bewilligung der Exekution aufgrund von ausländischen Urteilen voraus, dass sie für Österreich für vollstreckbar erklärt wurden.
Den Verfahrensabschnitt der Vollstreckbarerklärung eines Titels für eine Exekution in Österreich übernehmen wir selbstverständlich für unsere Mandanten. In Österreich akzeptieren die meisten Gerichte nur eine Übermittlung von Exekutionsanträgen (Vollstreckungsanträgen) im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV). Hierfür benötigt man eine entsprechende Software, über die wir selbstverständlich verfügen. Hierbei ist besonders hervorzuheben, dass bei Verfahren mit Übermittlung im elektronischen Rechtsverkehr ein erheblicher Zeitvorteil geschaffen wird, da dieser rund um die Uhr zur Verfügung steht. Somit können gerichtliche Fristen beim elektronischen Rechtsverkehr besser ausgeschöpft werden.
Die häufigste Art der Exekutionsmaßnahme in Österreich ist die sog. Fahrnisexekution, zu vergleichen mit der deutschen Vollstreckung in das bewegliche Vermögen, wie etwa Geldforderungen. Zur Bewilligung der Exekution ist grundsätzlich das zum Exekutionsvollzug berufene Gericht zuständig. Sachlich ist dies immer das Bezirksgericht, unabhängig von der Höhe des Streitwertes bzw. der Bemessungsgrundlage.
Für die Vollzugshandlungen selbst ist der Vollstreckungsbeamte (Gerichtsvollzieher) zuständig, welcher nach Vorliegen der Exekutionsbewilligung drei bis vier Monate Zeit hat, den Vollzug auszuüben und sodann den Vollzugsbericht zu übersenden.

Eine weitere, häufige Exekutionsart ist neben der Fahrnisexekution die Forderungsexekution, mittels welcher die Pfändung von z. B. Kontoguthaben, nicht einbezahlte Stammeinlagen, Bausparverträge, Lebensversicherung, etc. vorgenommen werden kann. Wird sodann eine Forderung der verpflichteten Partei (Schuldner) gegen einen Dritten gepfändet, so steht diese Forderung der verpflichteten Partei nicht mehr zu. Der Drittschuldner kann und darf sodann nur mehr an den Pfandgläubiger zahlen, da mit der Zustellung der Exekutionsbewilligung an den Drittschuldner das Pfandrecht an der Forderung erworben wird. Die Verwertung erfolgt sodann durch Überweisung und Einziehung des gepfändeten Anspruchs bis zur Höhe der titulierten Forderung.

5. Die Exekution in Liechtenstein

Das Fürstentum Liechtenstein hat kein Vollstreckungsübereinkommen mit Deutschland geschlossen, nur mit Österreich und der Schweiz. Zwar ist Liechtenstein Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), doch greifen die innerhalb der EU geltenden Erleichterungen in Liechtenstein nicht. Es ist daher im Einzelfall abzuwägen, ob man die Beitreibung einer nicht aus Österreich oder der Schweiz stammenden Forderung gegen einen in Liechtenstein ansässigen Schuldner im Ausland veranlasst und danach in Liechtenstein – im Wege des dortigen sog. Rechtsöffnungsverfahrens – einen im Ausland erstrittenen Titel vollstreckungsfähig macht, oder ob man bereits für das Erkenntnisverfahren den Weg zu den liechtensteinischen Gerichten wählt.
Umgekehrt ist für die Geltendmachung der Forderungen eines liechtensteinischen Gläubigers gegen einen nicht in der Schweiz oder Österreich ansässigen ausländischen Schuldner zu entscheiden, ob diese Forderung vor dem Fürstlichen Landgericht in Vaduz im Wege des Erkenntnisverfahrens durchgesetzt werden soll. Anschließend könnte diese auf verkürzten prozessualem Weg im Ausland vollstreckungsfähig gemacht werden. Alternativ wäre zu überlegen, ob besser gleich der Weg zum jeweiligen ausländischen Gericht zu wählen wäre. Dies ist jedoch für jeden Einzelfall gesondert zu entscheiden.

6. Das Betreibungsbegehren in der Schweiz

Wir unterstützen Sie bei der Zwangsvollstreckung im Ausland bzw. der grenzüberschreitenden internationalen Forderungsbetreibung. Unser Angebot schließt dabei nicht nur EU-Länder mit ein. Auch in der Schweiz helfen wir Ihnen, Ihren Anspruch professionell durchzusetzen.
Die gesetzliche Grundlage für das Betreibungsbegehren in der Schweiz ist das schweizerische Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG).
Die Betreibung in der Schweiz weicht sehr von den Vollstreckungsgesetzen der meisten anderen Staaten ab. Zum Beispiel wird die meist grundlegendste Voraussetzung – der vollstreckbare Titel – nicht benötigt, um seine Forderung durchsetzen zu können, da über den Titel selbst erst später im sog. Rechtseröffnungsverfahren entschieden wird.
Die Betreibung selbst wird von den staatlichen Betreibungsämtern, welche die zentralen Behörden im schweizerischen Schuldbetreibungsrecht sind, durchgeführt. Zu vergleichen ist dies in etwa mit der Gemeinde, nachdem die Einreichung eines sog. Betreibungsbegehrens beim zuständigen Betreibungsamt erfolgt ist. Danach wird ein Zahlungsbefehl ausgestellt, der dem Schuldner persönlich überbracht wird.
Jetzt hat der Schuldner die Möglichkeit, die Schulden zu begleichen, dann wird die Betreibung eingestellt. Kommt dieser dem Befehl nicht nach und bestreitet die Forderung nicht, kommt es zur Pfändung. Es besteht zudem die Möglichkeit, dass die Forderung durch das Gericht überprüft wird. Dies geschieht aber nur, wenn der der Schuldner die Forderung bestreitet (sog. Rechtsvorschlag) und der Gläubiger daraufhin die Rechtsöffnung verlangt.
Der Rechtsvorschlag würde dann dazu führen, dass der Gläubiger vor Gericht begründen müsste, weshalb dieser die Forderung für gerechtfertigt hält. Dies führt wiederrum dazu, dass das sog. Rechtsöffnungsverfahren erheblich aufwendiger - insbesondere in Bezug auf die Kosten - wird.

7. Die Zwangsvollstreckung in Italien

In Italien erfolgt die Eintreibung mittels Mahnverfahren, ordentlichen Verfahren und Vollstreckung. Bei einem Mahnverfahren bzw. einem ordentlichen Verfahren zur Eintreibungeiner Geldforderung von einem Betrag über Euro 1.100,00 sowie bei der Vollstreckung ist der Beistand eines Rechtsanwalts erforderlich.

Man kann einen Antrag auf Erlass eines gerichtlichen Zahlungsbefehls (ricorso per decreto ingiuntivo) stellen, soweit die einzutreibende Forderung durch Unterlagen belegt werden kann. Der Antrag wird beim zuständigen Richter eingereicht. Der Antrag wird dem Schuldner zusammen mit dem Zahlungsbefehl (decreto ingiuntivo) zugestellt, der nach der Zustellung 40 Tage Zeit hat, um Einspruch gegen den Zahlungsbefehl zu erheben. Der Einspruch erfolgt durch Zustellung einer Klageschrift, die ein ordentliches Verfahren vor dem Richter einleitet, der den Zahlungsbefehl erlassen hat. Wird kein Einspruch erhoben, wird der Zahlungsbefehl rechtskräftig und kann vollstreckt werden.

Ein ordentliches Verfahren zur gerichtlichen Feststellung der Forderung und zur Verurteilung des Schuldners zu deren Zahlung wird durch die Zustellung der Klage an den Beklagten und die Einreichung der an den Beklagten zugestellten Klage samt Anlagen beim zuständigen Richter angestrengt. Während des Verfahrens kann ggfs. ein Zahlungsbefehl noch vor dem Ergehen eines Urteils erwirkt werden.

Das Verfahren wird durch die Zustellung eines Schriftsatzes zur Vollstreckungsaufforderung (atto di precetto) samt dem Exekutionstitel (titolo esecutivo) eingeleitet. Nach der Zustellung hat der Schuldner 10 Tage Zeit, um freiwillig diese Aufforderung zu erfüllen. Läuft diese Frist ungebraucht aus, kann der Gläubiger innerhalb von 90 Tagen eine Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners beginnen.

8. Die Zwangsvollstreckung in Deutschland & Vollstreckung ausländischer Titel in Deutschland

Selbstverständlich führen wir neben der Vollstreckung im Ausland auch die Zwangsvollstreckung innerhalb von Deutschland durch. Sei es ein deutscher Titel, ein Titel aus Österreich, der Schweiz, Liechtenstein oder Italien. Die länderspezifischen Besonderheiten der im europäischen Ausland titulierten Forderungen sind für uns keine Herausforderung.

Wir übernehmen auch das Vollstreckbarkeitserklärungsverfahren bzw. das erneute Titulierungsverfahren im Ursprungsstaat für Sie und beherrschen alle deutschen gesetzlichen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Titel handelt, die wir für Sie erwirkt haben, oder solche, die Sie mit Hilfe anderer Rechtsanwälte oder sogar selbst erwirkt haben.

9. Schlussbemerkung

Noch zu erwähnen ist, dass Vollstreckungstitel, die im Ausland erwirkt wurden oder zum ausländischen Titel „umgewandelt“ wurden, nicht mit der Vollstreckbarkeit von 30 Jahren, wie es bei deutschen Titeln meistens der Fall ist, zu vergleichen sind. In manchen Ländern beträgt die Wirksamkeit eines vollstreckbaren Titels z. B. nur 6 Jahre.

Gerne stehen wir Ihnen für erste Informationen zur Verfügung. Wir bitten jedoch um Ihr Verständnis, wenn wir vor einer ordentlichen Mandatierung vorab keine telefonischen oder schriftlichen Auskünfte erteilen. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!